Montag, 14. März 2022

 Fliegen mit ausländischen ULs eine Straftat
 
Zu diesem Thema haben sich zahlreiche Leute zu Wort gemeldet.
Recht treffend wurde es von Friedo Fenneck aus Frankfurt auf den Punkt gebracht:

https://advanced-ul.blogspot.com/2022/02/fliegen-mit-auslandisch-registrierten.html

 

Ein Gastkommentar von: Friedo Fennek, Frankfurt:

Das Ansinnen ist verständlich.
Da verbasteln ein paar Irre mithilfe leistungssteigernder Selbstbau-Kits ihre motorbetriebenen Luftsportgeräte in raketengetriebene Keksdosen mit Antriebsleistungen, die der Hersteller für die Struktur des Geräts nie in Betracht gezogen hat und weil diese Dinger in Deutschland niemals zulassungsfähig wären, flüchten ihre „Erbauer“ zulassungstechnisch ins teils deutlich weniger regulierte europäische Ausland.
Klar, daß deutsche Behörden das abstellen wollen, nachdem es mehrere tödliche Unfälle mit auch erheblichem Sachschaden und Potential zu noch größeren Personen- wie Sachschäden gegeben hat und so wird kurzerhand behördlicherseits angeordnet und über die Verbände wie auch die Versicherungen in die Pilotenschaft kommuniziert, daß künftig das „Betreiben“ ausländisch registrierter ULs in der BRD nicht nur an sich verboten sei, sondern gar einen Straftatbestand darstellen müsse, weil es im Ordnungswidrigkeitenkatalog nicht erfaßt sei. Aha!
Klingt verdammt nach „Aus die Maus!“ und ist sicher auch so gemeint. Und jetzt?

Wie absurd und hilflos das ganze druckgeplagte Verwaltungstun ist, zeigt sich in seiner vollen Blüte, wenn man die „Anordnung“ einfach mal auf ein anderes Verkehrsmittel, nämlich das Automobil, überträgt.
Bloß, weil ein paar durchgeknallte Speed-Junkies unter Umgehung der deutschen technischen Überwachungsvorschriften mit in Polen oder Tschechien registrierten hochgetunten und PS-strotzenden Boliden Unfälle auf deutschen Straßen verursacht haben, wird durch den Verordnungsgeber als Teil der Exekutive (und nicht durch den Gesetzgeber, die Legislative!) kurzerhand allen Personen mit auch deutschem Wohnsitz der „Betrieb“ ausländisch registrierter Automobile auf deutschem Hoheitsgebiet bei Strafandrohung untersagt.
Okay, was heißt das denn in der Praxis?
Der wochentags mit eigener Wohnung in Frankfurt arbeitende Programmierer aus Pilsen soll also die Wochenendheimfahrten zu seiner Familie nicht mehr mit seinem serienmäßigen und den gleichen Zulassungsvoraussetzungen wie in Deutschland unterliegenden, weil eben dummerweise tschechisch registrierten privaten Kraftfahrzeug aus europäischer Großserienproduktion unternehmen dürfen; genauso wenig wie der nach einem umgeleiteten Interkontinentalflug in Amsterdam statt planmäßig in Frankfurt gelandete in Deutschland wohnhafte Fluggast mit einem holländisch registrierten Mietwagen die Heimfahrt soll antreten dürfen.
Echt jetzt?
Der Aufschrei der automobilen Interessenverbände wie ADAC, ACE und AvD wäre unüberhörbar. Alles, was da an Lobbyverbänden so kreucht und fleucht, würde so lange massiv und medienwirksam auf Politik und Verwaltung einprügeln, bis dieser Schwachsinn abgestellt und die entsprechende Regelung zurückgenommen wäre. Die „heute-show“ könnte davon Monate zehren.

Und in der Fliegerei?
Ein paar Entrüstete in den Foren - na, das ist auszuhalten.
Die Verbände, -ach ja, die Verbände!-, gefangen in ihrer unglücklichen Zwitterstellung zwischen „Beauftragtem“ des Ministeriums einerseits und stetig selbst im Werben um Mitglieder laut propagierter Interessenvertretung der Pilotenschaft andererseits zittern jetzt nicht nur um das letzte bißchen verbliebener Selbstverwaltung, sondern betätigen sich über das Verbreiten und „Durchdrücken“ der behördlichen Anordnung gleich noch brav als Gleichschaltungsorgan. Zur Erinnerung: der Sachverhalt spielt in Deutschland, nicht in Russland!

Dabei wäre es für die Administration doch so einfach, das Richtige zu tun, nämlich das Gleiche, was beim obigen Beispiel aus dem Automobilbereich auch und zwar sofort und ohne weiteres Zutun völlig fraglos passieren würde: durch die technischen Modifikationen infolge der Bastelei erlischt die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs und damit z.B. auch der Versicherungsschutz. Es hätte gereicht, anzuordnen, daß hierzulande das Fliegen mit von der Serie abweichenden, insbesondere leistungssteigernden Umbauten künftig verboten ist, mögen diese auch eine ausländische Verkehrszulassung haben.
Kurz und knapp: "Wenn Ihr mit diesen umgefriemelten Dingern fliegen wollt, dann macht das da. Und zwar bitte nur da!"
Es braucht kein generelles Betriebsverbot für ausländisch registrierte, aber auch den deutschen Zulassungsvorschriften entsprechende Fahrzeuge aus Serienfertigung, weil sich die aus deutscher Produktion stammende französisch registrierte FK9 von der deutsch registrierten ebensowenig unterscheidet wie die entsprechende MCR01 oder der slowenische WattsUp von Pipistrel.
Die geltende Anordnung -und den Verbänden ist mahnend vorzuhalten, daß sie das nicht gesehen haben oder schlicht nicht sehen wollten oder mindestens nicht kommuniziert haben- ist jedenfalls in der Schwere des Eingriffs absolut unverhältnismäßig und überdies auch nicht zielführend, weil die „Regelung“ ihrerseits eine neue auslegungsbedürftige Regelungslücke aufreißt.
Was heißt denn „Betrieb“? Das in der LuftVZO beschriebene „Betreiben“ ist ja nun gänzlich unabhängig vom in der LuftPersVO geregelten „Führen“, weil beide Rechtsvorschriften nicht nur unterschiedliche Adressaten haben, nämlich einerseits den Halter und andererseits den Piloten, sondern eben auch Unterschiedliches regeln, nämlich im einen Fall Anforderungen an das Gerät und im anderen Fall Anforderungen an den Akteur..
Meint „Betreiben“ im Verständnis der Neuregelung auch das Fliegen im deutschen Luftraum durch in Deutschland ansässige Piloten und entsprechender Lizenz mit einem lediglich gecharterten ausländischen Luftfahrzeug?

Das sind aber die berühmten „Peanuts“! Der eigentliche Schaden ist ungleich größer.
Denn erstaunlich ist, wie schnell unter gehörigem und nur subjektiv als solchem empfundenen hohen Handlungsdrucks deutsche Administrationseinheiten (wieder?) bereit sind, nicht nur pauschal Sippenhaft anzuordnen, sondern weit darüber hinausgehend bislang fraglos geltende elementare Rechtsstaatsgrundsätze sang- und klanglos einfach kurzerhand über Bord zu werfen.
Neben dem Verhältnismäßigkeitgrundsatz wird auch gleich noch rasch das Legailtätsprinzip einfach hinfortgelegt. Wow!
Bislang galt in Deutschland, daß nur bestraft werden durfte, was in einem Strafgesetz auch ausdrücklich mit Strafe bedroht ist. Bislang galt: „Keine strafgesetzliche Rechtsgrundlage, keine Strafe!“
Damit verbietet sich der behördliche Schluß, daß ein Verhalten, weil es nicht als Ordnungswidrigkeit definiert sei, automatisch Straftat sein müsse!
Andersrum wird ein Schuh draus! Weil es nicht einmal Ordnungswidrigkeit ist, bleibt es schlicht straflos.
Und: ein Schelm sei, wer denkt, daß die im von den Verbänden veröffentlichten Schreiben genannte Anfrage und deren Ergebnis nicht lange vor derselben Gegenstand interner Abstimmung gewesen wäre.
Nochmals aus gegebenem Anlaß zur Erinnerung: der Sachverhalt spielt in Deutschland, nicht in Russland!

Und, warum hat man, um gleich mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz noch ein weiteres durch die Anordnung verletztes elementares Rechtsstaatsprinzip zu nennen, denn die „Leichten Luftsportgeräte“ bis 120Kg von der Neuregelung ausdrücklich ausgenommen - will mann denn erreichen, daß die „Big Bore“-Kits dann halt eben demnächst statt im UL dort im LL verbaut werden?
Wobei sich da die Frage stellt, ob ein Umbau zur Gefahrensteigerung überhaupt nötig ist - einige dieser Dinger schwirren mit irgendeiner rumänischen Zulassung hier herum. Momentan noch in kleiner Zahl.

Nochmals und abschließend: worum geht es denn wirklich?
Kein auch nur halbwegs vernünftiger Mensch wird wegdiskutieren wollen, daß es angesichts von mehreren tödlichen Unfällen erforderlich ist, zu verhindern, daß mit Fluggeräten geflogen wird, deren technische Ausrüstung so verändert worden ist, daß sie aus zwingenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten heraus nicht mehr sicher fliegbar sind. Das ist Konsens.
Zur Erreichung dieses unstreitig anzustrebenden Ziels gleichsam alles, was sich bewegt, im Wege eines Rundumschlags in Sippenhaft zu nehmen, ist unzulässig.
Gut, das Prinzip hat ja durchaus historische Vorbilder in der deutschen Geschichte, was es indes erst recht verboten macht, waren doch die auf deutscher Seite beteiligten und derart verfahrenden Administrationseinheiten meist Verbände wenig rechtsstaatlich orientierter Organisationen.

Die vielbeklagten Defizite deutscher Administrationseinheiten, adäquate Lösungen zu entwicklen, setzen sich jedenfalls ungemindert fort: Impflogistik, Hochwasserschutz, Glasfaserausbau und -nicht zu vergessen- Autobahnbrücken, um nur ein paar Highlights aus der jüngeren Zeit zu nennen. Die komprimierte Häufung der administrativen Versäumnisse und Fehleinschätzungen in einem an sich reichen, in Mitteleuropa gelegenen Land aus der ehemals „Ersten Welt“ ist mittlerweile so groß, daß es anfängt, vor allem denjenigen massiv zu stinken, die mit ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit diese Gesellschaft und diesen Staat tragen und die sich jetzt durch diese völlig unangemessene Regelung in Teilen auch noch kriminalisiert sehen müssen.
Wer kann, stimmt mit den Füßen ab und geht einfach. Wir erinnern uns: Anknüpfungspunkt war ein deutscher Wohnsitz. Na, wenn es daran hängt - das sollte lösbar sein.

Liebe Verwaltungstechnokraten, alles immer gut gemeint, aber kontinuierlich in der handwerklichen Umsetzung einfach lausig gemacht. Blinder hilfloser Aktionismus.
Ziel verfehlt, weil brutal überschossen! Dabei wäre doch wie stets Augenmaß das Gebot der Stunde.
Oder medizinisch gesprochen: mikroinvasive Zielerreichung statt blinder Amputation.



 

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