Samstag, 12. März 2016

Ramp-Check beim UL … im Kern geht es um das Gewicht



Kürzlich erreichte uns ein Erfahrungsbericht eines Fliegerkollegen, der in einen unschönen „Ramp-Check“ in Deutschland geraten ist. Aus eigener Erfahrung kann ich von drei vergleichbaren Kontrollen berichten, die aber allesamt im Ausland stattgefunden haben. Die Beamten dort waren alle sehr freundlich. Und wenn man sie mit Respekt behandelt hat, alle Unterlagen sorgfältig führt und ohne Diskussion oder Widerworte auch präsentieren kann, so wurde einem das Leben auch nicht unnötig schwer gemacht. Doch was ist nun wichtig bei einem solchen Ramp-Check?

Lizenzen

Natürlich sollten Lizenz, Flugbuch und Lichtbildausweis dabei sein und das Medical noch Gültigkeit haben. Bei Flügen im Ausland wird je nach Land das BZF1 mit gültigen ICAO Sprachlevel erwartet. In einem PPL ist beides eingetragen und für einen Beamten schnell einsehbar. Bei unserer UL-Lizenz findet dies aus unerfindlichen Gründen nicht statt und man ist gut beraten, sich von den Verbänden die zusätzliche Anlage zum SPL, aus der BZF und Sprachlevel hervorgeht, ausstellen zu lassen.




Kartenvorbereitung

Im Zeitalter von iPad & Co gehen viele Piloten immer mehr dazu über, Ihre Planung ausschließlich digital zu machen. Schaut man den großen Kartenhersteller Jeppesen an, so hat sich dieser vom Papierkartenservice seit geraumer Zeit verabschiedet und bietet sein VFR Kartenmaterial ausschließlich in elektronischer Form an. Die Beamten mögen aber Papier. Das ist für sie übersichtlich und leicht einzusehen. Es ist von Vorteil, wenn man sich die Mühe gemacht hat, seine Wegpunkte auf der Karte zu haben, anstatt mit der Direct-To Funktion zu arbeiten. Ein Beamter merkt damit schnell, ob man sich mit der Streckenführung und der Planung beschäftigt hat. Liegen auch noch alle nötigen Anflugkarten in gedruckter Form vor, kann man schnell zum nächsten Thema wechseln.

Flugplanung

Bei der eigentlichen Planung war den Beamten in meinen Kontrollen immer wichtig zu sehen, dass ein Ablaufplan vorliegt. Es wurde kein klassischer Flugdurchführungsplan mit allen Details gefordert, sondern lediglich die Wegpunkte mit einer Zeit- und Spritkalkulation sollten aus den Aufzeichnungen für Dritte ersichtlich werden. Wie man auf diese Zeiten gekommen is wieder weniger von Interesse. Was die Kontrolleure gar nicht gern sehen ist, wenn man "auf gut Glück" getankt und los geflogen ist.

Wettervorbereitung

Sicher kann man sich mit PC-MET auch fantastisch über ein iPad briefen. Nur haben die Erfahrungen gezeigt, dass wenn man sich z.B. über einen geteilten Account einloggt, diese Vorbereitung auch nicht persönlich gespeichert werden kann. Ohnehin fällt es damit schwer zu diesem Zeitpunkt einen Beweis für eine ordentliche Wettervorbereitung zu präsentieren. Man ist also gut beraten in solchen Fällen zumindest das Nötigste wie GAFOR und METARs/ TAFs auszudrucken oder sich am iPad Screenshots anzufertigen und im Bilderalbum zu speichern.

Flugzeugdokumentation

Da sich Beamte in der Regel nicht mit jedem Flugzeugmuster auskennen, sehen diese immer gerne das Flug- & Betriebshandbuch ein. Liegt dieses nur in elektronischer Form vor, ist dieses auch ausreichend. Nur - wie immer - macht es einen besseren Eindruck, wenn man den Beamten eine Dokumentation in Papierform in die Hand geben kann. In dieser sollte das aktuelle Leergewicht der Maschine entsprechend der letzten Wägung zu finden ist, was in einer elektronischen PDF schon schwieriger sein dürfte. Oder wer scannt alle seine Papiere extra ein? Einen guten Eindruck hat es auf jeden Fall gemacht, wenn die Dokumente nebst Bordbuch in einer extra dafür vorgesehenen Bordbuchmappe mit Klarsichthüllen vorliegen. Für ein Gesamtklima absolut nicht förderlich ist es, wenn man altklug mit einer Diskussion anfängt, daß diese für ein privates UL nicht vorgeschrieben seien.

Ein Beamter führt in der Regel eine Vielzahl solcher Kontrollen aus - auch an zertifizierten Maschinen, wo Dokumentation groß geschrieben wird. Man muss sich also nicht wundern, wenn man – insbesondere im Ausland – Fragen nach einem Feuerlöscher oder der MEL [Minimum-Equipment-List – ein dickes Buch mit Angaben zur Mindestausrüstung] gestellt bekommt. Da kann man ruhig sagen, dass solche Dinge in einem UL nicht gefordert sind. Wer wissen möchte, was alles abgefragt wird, kann dieses anhand eines Formblattes von einem Ramp-Check in Kroatien sehen:

In Deutschland habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Beamten sich mit den UL Mustern schon sehr genau auskennen und wissen wo der Schuh drückt. Ein paar Angaben sind beim UL nicht nur in den Büchern zu finden, sondern müssen auch in Form von Aufklebern am Flieger zu finden sein. Da wäre zu aller erst ein Aufkleber oder auch eine Metall-Tafel, wo die Werksnummer der Maschine vorzufinden ist. Das wären aber auch Sicherheitshinweise für das Gesamtrettungssystem bzw. ein Hinweis, wann dieses abläuft. Wer bei einer Chartermaschine nicht weiß, wo diese Schilder angebracht sind, der riskiert die erste - hoffentlich gut gemeinte - Belehrung. Ebenso wichtig sind Aufkleber zum Leergewicht der Maschine, das MTOW von 472,5kg und die daraus resultierende Zuladung.

Womit wir beim Haupt-Thema wären: Hier der Erfahrungsbericht des Fliegerkollegen - gekürzt um die Anonymität zu wahren:


Zuerst Papiere komplett (Eintragungsschein, Versicherung, JNP, Funk,…) plus meine Dokumente (SPL, Medical, aber auch Flugbuch (90-Tage-Regel etc., ich denke mal die 12h/ 24 Monate haben sie nicht nachgerechnet) und dann eben die Frage nach Weight+Balance bzw. nach der Gewichtsberechnung. Auf meine Antwort hin, daß ich das nur überschlägig im Kopf berechnet habe, gab er mir Zettel und Stift mit der Aufforderung, die Berechnung dann vor Ort durchzuführen. Mit den aktuellen Kraftstoffmengen und etwas niedrig angesetzten Piloten-Gewichten kam ich dann auf rund 467 kg. 

So weit, so gut. Bis zu seiner Frage “Wie sind sie denn dann hier her gekommen”? Er hat dann für den Rotax 912S einen Verbrauch von 15-16 l/h angesetzt und mich nach der Flugzeit gefragt, bei ca. 45 Minuten waren das dann nach seiner Rechnung ca. 12 l=ca. 9 kg, womit er dann auf ca. 476 kg kam. Er hat mich dann belehrt, daß das eine Ordnungswidrigkeit ist und mir die Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

Nachdem ich dann eben argumentiert habe, daß da wohl ein Fehler bei der Kraftstoffmengenberechnung vorlag, hat er es bei einer mündlichen Ermahnung belassen, jedoch verbunden mit dem Hinweis, daß im Wiederholungsfall auf jeden Fall ein Ermittlungsverfahren eingeleitet würde.

D.h. letztendlich wussten die auch, wie gering die Überladung war, mussten aber natürlich ihre Tour durchziehen, die sie einmal angefangen hatten. Im Prinzip waren die beiden recht kooperativ und gelassen, haben ihren Job aber durchaus ernst genommen.

Er hat dann auch noch mal darauf hingewiesen, daß gerade bei böigem Wetter eine Überladung immer gefährlich sei (Manövergeschwindigkeit sinkt etc.) und daher kein “Kavaliersdelikt” wäre. Zudem hatten die beiden noch das Schildchen mit der Zuladung moniert, das war bei der Maschine hinter dem Pilotensitz angebracht und zudem noch mit Zahlen von 2005, obwohl die letzte Wägung von 2014 andere Werte ergeben hat :-)

Auch das waren letztlich zwei Ordnungswidrigkeiten, die er aber auch mit dem Hinweis auf schnellstmögliche Behebung nur mit einer Ermahnung versehen hat.



Weight & Balance

Zuerst sei gesagt, dass beim UL die Schwerpunktberechnung nicht Bestandteil einer regulären Ausbildung zum Luftsportgeräteführer ist und auch entsprechend nicht von einem Beamten gefordert werden kann. Da die Beamten (speziell die im Ausland) aber wahrscheinlich nicht jede Ausbildungsrichtlinie kennen, ist man sehr gut beraten, das Thema doch behandelt zu haben. Man kann für verschiedene Grenz-Beladungszustände (2 Personen + maximal Sprit, 1 Person + Sprit + Gepäck, 1 Person ohne Sprit, 2 Personen ohne Sprit) im Vorfeld Berechnungen im Flieger ablegen und dann bei Bedarf präsentieren. Bei Kontrollen im Ausland haben wir erlebt, daß sich die Beamten mit der Begründung, dass Piloten und Sprit im Schwerpunkt sitzen und eine 5kg Badetasche nicht den Ausschlag macht, zufrieden gegeben

Wie man aber aus dem Erfahrungsbericht des Fliegerkollegen sehr gut erkennen kann, stürzen sich die Beamten in unserem Land gezielt auf die Einhaltung der 472,5kg und wissen anscheinend genau, wie schwierig es ist, mit 2 Personen dieses Limit einzuhalten. Das erscheint - milde formuliert - befremdlich weil doch im Grunde jeder weiß, daß moderne High Performance ULs für deutlich mehr Gewicht ausgelegt sind, wie man an diesen beiden Beispielen erkennen kann:






Dennoch weiß man nicht bzw. hat kein Beweis, dass eben genau seine Maschine auch für dieses Gewicht gebaut und auch getestet wurde. Die Argumentation der Beamten im obigen Beispiel eine VA würde mit zunehmenden Gewicht sinken und daß es bei Turbulenzen Probleme gäbe ist so nicht richtig.

"Je schwerer ein Flugzeug, umso höher ist VA, denn mit mehr Treibstoff in den Tanks und folglich höherem Gewicht widersteht das Flugzeug wegen der Massenträgheit den aerodynamischen Kräften besser."


Viel wichtiger ist zu erwähnen, daß die Überziehgeschwindigkeit bei zunehmenden Gewicht höher wird, der Fahrtmesser diese nicht wiedergibt, da dieser für 472,5kg ausgelegt ist - aber auch in diesem Falle reden wir über eine Differenz von geringen 10km/h.



Der falsche Ansatz ist es zu denken, daß eine Überschreitung des MTOW irrelevant sei. Sie ist es eben nicht. Sehr oft werden bei einer UL-Version zur Gewichtsersparnis Komponenten schwächer ausgelegt. Diese sind beispielsweise das Fahrwerk (FK und Pipistrel) oder auch Tragflächen. Man sollte also vom Hersteller wissen, ob das UL auch entsprechend in der LSA-Version gefertigt wurde - auch wenn es einen Beamten letztendlich nicht interessieren wird: Überladen ist Überladen.

Unabhängig davon - im obigen Beispiel wurde man wegen einer Überschreitung von ganzen 3.5kg(!) angezählt - läuft man gradewegs in eine Ordnungswidrigkeit hinein mit allen Konsequenzen auch wenn aus rein fliegerischer Hinsicht nichts Falsches gemacht wurde. Und wir reden hier von einem weit verbreiteten Schulungs-UL in Grundausstattung, dessen „LightVariante“ mit einem Leergewicht von 297kg (!) gefertigt wurde. Wir alle wissen, dass moderne ULs weitaus mehr auf die Waage bringen. Wenn`s hart auf hart kommt, haben die Beamten auch einen Satz dabei zum wiegen des ULs und des Piloten. Weigert er sich, dann wird geschätzt. Und wer sagt, daß es den Beamten nicht gestattet ist, das UL samt Insassen zur Ermittlung des Gesamtgewichts auf die Waagen zu stellen? In wie weit dieses Vorgehen einer juristischen Betrachtung stand hält können wir hier nicht sagen auch wenn man oft in Foren Gegenteiliges hört und dort sogar die Empfehlung gemacht wird, eine kooperative Zusammenarbeit zu verweigern. Kein guter Rat!

Auch wissen wir, dass bei der Ermittlung der Leergewichte oft sehr viel schön gerechnet und bei der Wägung einiges an Ausstattung ausgeräumt wird. Realistisch betrachtet wiegen die meisten ULs in der Tendenz eher über 300kg als darunter. Eine einfache Rechnung: 300kg Leergewicht + 160kg Piloten (EU-Standard sind 83kg für Männer) macht nur eine Zuladung von 12,5kg für Sprit, Gepäck und Flugunterlagen!!!


Fazit:

Es werden 2-sitzige ULs von der Industrie verkauft und von den Verbänden zugelassen, die im Grunde gar nicht 2-sitzig nutzbar sind. Bisher war man der Annahme verfallen, dass Behörden dieses Problem mit dem nötigen Augenmaß betrachten und nur dort einschreiten, wo wirklich Handlungsbedarf besteht. Dem ist aber nicht so! Ein Beamter muß bei Kenntnis einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit formell gesehen tätig werden.

Erst kürzlich war von einem Vorstoß des DULVs zu lesen, sich dem Thema Auflastung auf 600kg anzunehmen. Man mag denken: "Super, da hat man nun endlich die Gebete der UL-Gemeinde erhört“. Aber grade aus den eigenen Reihen gab es "Nestbeschmutzer" die in einschlägigen UL Foren böse Reaktionen und Leserbriefe verfasst haben im Tenor "daß man doch alles so lassen sollte, wie es ist und das eine Auflastung doch gar nicht sinnvoll sei". Es bleibt dahingestellt welche exotische UL Muster, oder nennen wir sie Ur-Zeit-Rohr/Tuch-ULs, ohne diese Gewichtsproblematik fliegen. Wahrscheinlicher jedoch ist, daß diese Leute doch ein vergleichbares UL wie wir alle bewegen, das Gewicht und die immanente Gefahr einer Ordnungswidrigkeit diesen aber offensichtlich egal ist.

Ist es die Angst vor dem plötzlichen Wertverlust des eigenen Luftsportgerätes, welches entweder nicht oder nur unter erheblichen Kostenaufwand aufgelastet werden kann? Oder ist es die Befürchtung, daß derjenige, der an die 600kg LSA Grenze anklopft auch zu Änderungen an den bestehenden Ausbildungsvorschriften gezwungen wird und zur Abwechslung sich weiterbilden muss? Eine interessante Interpretation des "Bestandsschutzes". Möglicherweise ist es auch die Sorge beim Thema Wartung möglicherweise zukünftig nicht der selbstbestimmte und eigenverantwortliche Schrauber sein zu dürfen. Wir wissen es nicht. Fakt ist, daß andere Länder - zum Beispiel Kanada - in dieser Sache weiter sind. Dort betrachtet man das Gewichtslimit mit Augenmaß und die Behörde prüft, welches Gewicht, welchem UL-Muster zugestanden werden kann.



Für uns ist derzeit sicher: 472,5kg sind das gesetzliche Limit, an welches wir uns zu halten haben. Überschreitet man dieses, läuft man Gefahr, die volle Breitseite des Gesetzes zu spüren. Geschieht ein Unfall, so werden dem Piloten oder seinen Hinterbliebenen von einer Versicherung zusätzlich die Karten gelegt. Eine Police wird kurzerhand aufgekündigt wenn Obliegenheiten nicht erfüllt worden sind. Auf eine Kausalität, daß eine Überladung nichts mit einem Flugunfall zu tun hätte, kommt es dabei nicht an. Wegen Fahrlässigkeit steht man am Ende ohne Versicherungsschutz mit seinem ganzen Hab und Gut - auch post-mortem - in der Haftung.

Und das alles wegen einem offensichtlich willkürlich in den "Kantinengesprächen" zwischen Köln, Straßburg, Brüssel oder Berlin beschlossenen Begrenzung des Abfluggewichtes. Ein Limit, welches weder etwas mit den strukturellen Eigenschaften, noch mit den sonstigen technischen Gegebenheiten dieser innovativen und dynamischen Sparte der Fliegerei zu tun hat.

Wer ähnliche Erfahrungen mit Ramp-Checks gemacht hat, kann uns gerne diese mitteilen, damit wir einen Trend herausstellen können.


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